Antikörper aus Kieselalgen

Forschung der Arbeitsgruppe Reinard

Die AG Reinard befasst sich mit der Herstellung von Antikörpern in Kieselalgen. Wir haben einen kompletten Workflow entwickelt, der es uns erlaubt mit sehr hohen Ausbeuten Antikörper vieler Formate (wie IgG, scFv-Fc, Fab2) herzustellen. Dabei fokussieren wir uns auf die Herstellung von Antikörpern, welche im Bereich der Diagnostik (IVD) eingesetzt werden können, bekannte Beispiele für solche Anwendungen sind Covid-19 Tests oder Schwangerschaftstests. Die darin enthaltenen Antikörper werden immer noch (fast) ausschließlich  in Tieren hergestellt.  Allein für die Antikörperproduktion  werden in der EU jährlich eine halbe Millionen Säugetiere verwendet, weshalb das EU-Referenzlabor für Alternativen zu Tierversuchen der EU-Kommission [EURL-ECVAM]  empfohlen hat, auf den Einsatz von Tieren bei der Antikörperproduktion komplett zu verzichten. 

Unsere Ausgründung die Phaeosynt GmbH ist Ihr Ansprechpartner, wenn Sie als Unternehmen an unseren Antikörpern interessiert sind. Weitere Informationen zu uns und Phaeosynt finden Sie auch auf den Seiten der Fakultät. Oder Sie schauen sich den TV-Beitrag von Januar 2024 über unsere Arbeit an.

Neben den Doktoranden Ilka Kerren und Stas Hans sowie der Technischen Assistentin Eva Plönnigs, arbeiten bei uns Master- und Bachelorstudierende aus verschiedenen Studiengängen. Hinzu kommen Gaststudierende von der Northeastern University Boston, die unser Laborleben sehr bereichern.

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Im Jahr 2017 konnten wir das erste Genomprojekt der Wasserlinse Wolffia australiana erfolgreich abschließen. Allerdings haben sich unsere Hoffnungen auf ein effizientes und stabiles Produktionssystem für unsere Antikörper nicht erfüllt.

Anders verhält es sich mit der Kieselalge Phaeodactylum tricornutumwelche sich nach vielfältigen Optimierungsschritten durch unsere Arbeitsgruppe als ein für uns ideales Produktionssystem gezeigt hat. Mittlerweile produzieren wir daher unsere pharmazeutisch relevanten Proteine ausschließlich in P. tricornutum. 

Mit dieser Kiesellage erreichen wir Antikörper-Produktionsraten in einer Größenordnung, welche mit etablierten, tierischen Systemen wie CHO-Zellen (Eileiterzellen des chinesischen Hamsters) konkurrieren können.  

Unser System ist inzwischen weitgehend etabliert, so dass wir unser Know-How aktuell in die Firmenausgründung Phaeosynt überführen.

Das von uns entwickelte nachhaltige Produktionsverfahren für Antikörper erfüllt schon jetzt die Empfehlung des Referenzlabors für Alternativen zu Tierversuchen der EU-Kommission (EURL ECVAM), denn immerhin werden in der EU noch fast eine 1/2 Millionen Tiere für die Produktion von Antikörpern genutzt (Werte von 2017, COM/2020/16). Unser Produktionssystem besitzt neben dem Tierschutz-Aspekt viele weitere Vorteile wie Nachhaltigkeit, eine gute Skalierbarkeit sowie eine einfache Aufreinigung der heterolog produzierten Proteine. 

Wir nutzen eine großen Bandbreite aktueller, molekularbiologischer Verfahren:

Für die Klonierung bevorzugen wir die auf Golden Gate basierende MoClo-Klonierung, die wir teilweise auf unsere Bedürfnisse angepasst haben, aber auch Gibson Assembly oder PCR-basierte Verfahren kommen zum Einsatz. Die Transformation der Pflanzen erfolgt abhängig von der Spezies mittels Agrobakterien-vermittelter Transformation, der Gen-Kanone oder über Protoplasten.

Da wir die kompletten Genomdaten unserer Pflanzen besitzen, kommen auch Verfahren der Genom Editierung mittels CRISPR/Cas9 zum Einsatz.

Für die Aufreinigung der rekombinanten Proteine kommen sowohl magnetic Beads (Frenzel et al. 2003), diverse Säulenchromatographien, z. B. mittels Äkta Prime als auch Ultrafiltrationsverfahren über die Äkta Flux S zum Einsatz.

Die Nachweise erfolgen immunbiochemisch über klassischen Immunfärbungen oder ELISA, Immunfluoreszenzmikroskopie bis hin zur Oberflächenplasmonresonanz.

Viele der Verfahren werden im Lehrbuch Reinard: "Molekularbiologische Methoden 2.0", welches kürzlich in der 3. Auflage erschienen ist, verständlich beschrieben.

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Wir sind federführend an verschiedenen Forschungsverbünden beteiligt. Über die Wichtigsten können Sie sich auf den folgenden Seiten informieren:

AniSAn: BMBF-finanziertes Forschungsprojekt zur Herstellung von tierfreien sekundären Antikörpern. Kooperationspartner ist Phaeosynt

LACoP: BMBF-finanziertes Forschungsprojekt zur Herstellung von allergiearmen Lebensmittelpflanzen wie Erdnüsse oder Senf (beendet 2021).

Sommerekzem: Herstellen von therapeutischen Antikörpern zur Behandlung des Sommerekzems bei Pferden. Viele Projekte führen wir in enger Kooperation mit dem Institut für Biochemie, Biotechnologie und Bioinformatik der TU Braunschweig durch. Die Arbeitsgruppe von Prof. Hust stellt rekombinante Antikörper verschiedenster Formate her.

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